Ein Bach wird definiert als kleiner, natürlicher Wasserlauf. Ein leicht fließendes Gewässer, das sich
plätschernd seinen Weg durch die Landschaft bahnt.
Georg Barbe begann eine Reise. Er begab sich nach Tbilisi, Georgien, um seinem eigenen kleinen
Bachlauf zu folgen, um seine Wurzeln zu erkunden und dem Ort zu begegnen, der seinen Vater vor
seiner Emigration nach Deutschland über Jahre hinweg geformt hatte. Er dokumentierte diese Reise,
diese Untersuchung, auf eine ebenso sanfte Art und Weise, wie ein Bach fließt. Er legte einen Film
ein, nahm sich Zeit, ließ das Licht strömen. Es formten sich pastellige, poetisch anmutende Bilder von
Landschaft, von kulturellen Besonderheiten und Schätzen auf der Fensterbank.
Rauschend blitzen Fragmente von Sammlungen auf. Muster wiederholen sich, ein Teppich verortet
sich im Stadtraum, wird durch einen Zaun zerteilt und fließt in die Dächer von Tbilisi über. Kunststoff
wird zum Wertgegenstand, zum Aufbewahrungsort für Kostbarkeiten. Eine Flasche Sprite zur
Gießkanne. Man taucht in der Gischt unter und findet Halt an der warm, fast schon sanft anmutenden
Sowjetischen Architektur. Das Sonnenlicht fällt nicht nur durch die Wolken auf das Stadtbild, sondern
ebenso durch einen Riss in der Kamera auf den Film, unterteilt die Fotografien zufällig in zwei Seiten,
zwei Leben, zwei Aspekte der Zugehörigkeit. Licht und Schatten, Herkunft und Heimat, Bestehen und
Vergehen. Zwei vorherrschende, längst überholte Rollenbilder in einem Land, das keinerlei
grammatikalische Geschlechter in seiner Sprache zulässt. In Barbes Arbeit stellt sich eine Packung
Blondierung ganz selbstbewusst in den Fokus, während sich das Stereotyp der Männlichkeit hinter
dem Fragment der metallisch schimmernden Karosserie einer Limousine versteckt. Das Gesicht der
Frau bleibt verborgen, während sich das Portrait eines Mannes in einem fast schon romantischen
Spiel aus Licht und Schatten inszeniert.
Nakaduli bedeutet auf Georgisch Bach. Ein Bach zieht weiter, ebenso wie die Lebenszeit eines jeden
Menschen verstreicht. Georg Barbe zog los, um zu suchen und kam zurück, um seine Erinnerungen
neu zu verorten. Er trug das Analoge in den digitalen Raum, teilte jedem Bild sein eigenes Format zu,
reihte sie aneinander, versammelte sie in einem fadengebundenen Heft und verlieh dem Rauschen
seines Bachlaufs eine neue Melodie.
Text: Mara Julia Engelsberger
Ein Bach wird definiert als kleiner, natürlicher Wasserlauf. Ein leicht fließendes Gewässer, das sich
plätschernd seinen Weg durch die Landschaft bahnt.
Georg Barbe begann eine Reise. Er begab sich nach Tbilisi, Georgien, um seinem eigenen kleinen
Bachlauf zu folgen, um seine Wurzeln zu erkunden und dem Ort zu begegnen, der seinen Vater vor
seiner Emigration nach Deutschland über Jahre hinweg geformt hatte. Er dokumentierte diese Reise,
diese Untersuchung, auf eine ebenso sanfte Art und Weise, wie ein Bach fließt. Er legte einen Film
ein, nahm sich Zeit, ließ das Licht strömen. Es formten sich pastellige, poetisch anmutende Bilder von
Landschaft, von kulturellen Besonderheiten und Schätzen auf der Fensterbank.
Rauschend blitzen Fragmente von Sammlungen auf. Muster wiederholen sich, ein Teppich verortet
sich im Stadtraum, wird durch einen Zaun zerteilt und fließt in die Dächer von Tbilisi über. Kunststoff
wird zum Wertgegenstand, zum Aufbewahrungsort für Kostbarkeiten. Eine Flasche Sprite zur
Gießkanne. Man taucht in der Gischt unter und findet Halt an der warm, fast schon sanft anmutenden
Sowjetischen Architektur. Das Sonnenlicht fällt nicht nur durch die Wolken auf das Stadtbild, sondern
ebenso durch einen Riss in der Kamera auf den Film, unterteilt die Fotografien zufällig in zwei Seiten,
zwei Leben, zwei Aspekte der Zugehörigkeit. Licht und Schatten, Herkunft und Heimat, Bestehen und
Vergehen. Zwei vorherrschende, längst überholte Rollenbilder in einem Land, das keinerlei
grammatikalische Geschlechter in seiner Sprache zulässt. In Barbes Arbeit stellt sich eine Packung
Blondierung ganz selbstbewusst in den Fokus, während sich das Stereotyp der Männlichkeit hinter
dem Fragment der metallisch schimmernden Karosserie einer Limousine versteckt. Das Gesicht der
Frau bleibt verborgen, während sich das Portrait eines Mannes in einem fast schon romantischen
Spiel aus Licht und Schatten inszeniert.
Nakaduli bedeutet auf Georgisch Bach. Ein Bach zieht weiter, ebenso wie die Lebenszeit eines jeden
Menschen verstreicht. Georg Barbe zog los, um zu suchen und kam zurück, um seine Erinnerungen
neu zu verorten. Er trug das Analoge in den digitalen Raum, teilte jedem Bild sein eigenes Format zu,
reihte sie aneinander, versammelte sie in einem fadengebundenen Heft und verlieh dem Rauschen
seines Bachlaufs eine neue Melodie.
Text: Mara Julia Engelsberger