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Georg Barbe
Nakaduli
Über Sammlungen
The plural form of floor
Asphalt
Leberblümchenberg
Info

Umgangsformen mit Natur in städtischem Kontext sind Bildgegenstand Georg Barbes. Kulturelle Deutungen und Gestaltungen dessen, was Natur ist, werden nicht nur an urbanen Grünflächen sichtbar. Sie finden auch in geschlossenen Räumen statt. Ein exponierter Ort unter ihnen ist das Botanische Museum in Berlin-Dahlem, das Ausgangspunkt von Barbes Arbeit Über Sammlungen ist. Die bereits im 17. Jahrhundert eingerichteten Pflanzensammlungen, die im späten 19. Jahrhundert in Dahlem ihren Ort gefunden haben, stehen wie viele andere Sammlungen aus dem Barock für den enzyklopädischen Anspruch einer Versammlung des Weltwissens. Für die Vegetabilien unter den Sammlungsgegenständen gilt wie für zahlreiche andere Dinge auch, dass sie zunächst aufgrund eines besonderen Aussehens oder ihrer ungewöhnlichen Herkunft wegen Eingang in die Sammlungen fanden und nach äußerlichen Ähnlichkeiten der Farbe oder der Form geordnet wurden. Aus diesen unsystematischen Anfängen heraus entwickelte sich eine zunehmend wissenschaftlich fundierte Ordnung des Pflanzenreichs. In seiner Auseinandersetzung mit den botanischen Sammlungen geht Georg Barbe nicht dokumentarisch vor. Eine Abbildung des Botanischen Museums im Medium der Fotografie, die lediglich das Museum als Ort der Repräsentation reproduzieren würde, ist nicht Barbes Ziel. Über seine Fotografien bekommen wir Abseitiges, nicht der Schauseite der Sammlungen Zugehöriges zu sehen: nämlich zum einen die musealen Praktiken selbst, etwa die händischen Zurichtungen von Pflanzenpräparaten, aber auch die Gesten bürokratischer Verwaltungsarbeit. Zum anderen gewinnen wir Einblick in die unspektakulären, teilweise improvisierten Räume, in denen diese Praktiken und die Vermittlung botanischen Wissens stattfinden, in denen alte Vitrinen mit verwahrlosten Präparaten neben unaufgeräumten Schreibtischen stehen oder sich leere Stühle vor Blütendioramen aneinanderreihen. Eine ebenso banale Flursituation durchbricht aufgrund ihrer bunten Boden- und Wandgestaltung diese Serie an Räumen, indem sie auf Bildebene in abstrakte Farbflächen übergeht. Die vorgefundenen Räume werden hier zum Vorwand einer autonomen Bildsprache, die den konkreten Ort und den Anspruch auf Repräsentation hinter sich lässt. Das Spiel mit Farbflächen und Erscheinungsformen des Vegetabilen verlängert Georg Barbe aus der Sammlung in den Stadtraum hinein. Blattdekor auf den gefliesten Wänden einer U-Bahn-Station simuliert dort dschungelartigen Bewuchs. Die urbane Flora ist natürlich und künstlich zugleich, sie ist gezähmt und wuchert doch überall, gehört zum Lebendigen und als konservierte, getrocknete oder modellhaft nachgebildete zum Toten.


© 2018 Kirsten Wagner

Umgangsformen mit Natur in städtischem Kontext sind Bildgegenstand Georg Barbes. Kulturelle Deutungen und Gestaltungen dessen, was Natur ist, werden nicht nur an urbanen Grünflächen sichtbar. Sie finden auch in geschlossenen Räumen statt. Ein exponierter Ort unter ihnen ist das Botanische Museum in Berlin-Dahlem, das Ausgangspunkt von Barbes Arbeit Über Sammlungen ist. Die bereits im 17. Jahrhundert eingerichteten Pflanzensammlungen, die im späten 19. Jahrhundert in Dahlem ihren Ort gefunden haben, stehen wie viele andere Sammlungen aus dem Barock für den enzyklopädischen Anspruch einer Versammlung des Weltwissens. Für die Vegetabilien unter den Sammlungsgegenständen gilt wie für zahlreiche andere Dinge auch, dass sie zunächst aufgrund eines besonderen Aussehens oder ihrer ungewöhnlichen Herkunft wegen Eingang in die Sammlungen fanden und nach äußerlichen Ähnlichkeiten der Farbe oder der Form geordnet wurden. Aus diesen unsystematischen Anfängen heraus entwickelte sich eine zunehmend wissenschaftlich fundierte Ordnung des Pflanzenreichs. In seiner Auseinandersetzung mit den botanischen Sammlungen geht Georg Barbe nicht dokumentarisch vor. Eine Abbildung des Botanischen Museums im Medium der Fotografie, die lediglich das Museum als Ort der Repräsentation reproduzieren würde, ist nicht Barbes Ziel. Über seine Fotografien bekommen wir Abseitiges, nicht der Schauseite der Sammlungen Zugehöriges zu sehen: nämlich zum einen die musealen Praktiken selbst, etwa die händischen Zurichtungen von Pflanzenpräparaten, aber auch die Gesten bürokratischer Verwaltungsarbeit. Zum anderen gewinnen wir Einblick in die unspektakulären, teilweise improvisierten Räume, in denen diese Praktiken und die Vermittlung botanischen Wissens stattfinden, in denen alte Vitrinen mit verwahrlosten Präparaten neben unaufgeräumten Schreibtischen stehen oder sich leere Stühle vor Blütendioramen aneinanderreihen. Eine ebenso banale Flursituation durchbricht aufgrund ihrer bunten Boden- und Wandgestaltung diese Serie an Räumen, indem sie auf Bildebene in abstrakte Farbflächen übergeht. Die vorgefundenen Räume werden hier zum Vorwand einer autonomen Bildsprache, die den konkreten Ort und den Anspruch auf Repräsentation hinter sich lässt. Das Spiel mit Farbflächen und Erscheinungsformen des Vegetabilen verlängert Georg Barbe aus der Sammlung in den Stadtraum hinein. Blattdekor auf den gefliesten Wänden einer U-Bahn-Station simuliert dort dschungelartigen Bewuchs. Die urbane Flora ist natürlich und künstlich zugleich, sie ist gezähmt und wuchert doch überall, gehört zum Lebendigen und als konservierte, getrocknete oder modellhaft nachgebildete zum Toten.


© 2018 Kirsten Wagner